Theresienstadt: Von der Festung zum Gestapo-Gefängnis und Ghetto

1.Optik

1. SS-Dienststempel: Siegfried Seidl war der erste Befehlshaber im Ghetto Theresienstadt | 2. Nazis am Pool: SS-Männer stehen am Schwimmbecken, das Häftlinge des Gestapo-Gefängnisses in Theresienstadt bauen mussten. | 3. Eingesperrt: Ein Kind steht an der Absperrung des Ghettos Theresienstadt, dahinter ein Gendarm.

Das neue Buch „Theresienstadt. Eine Zeitreise“

So einmalig wie dieser Ort selbst: Das Buch „Theresienstadt. Eine Zeitreise“ fasst erstmals die ganze wechselvolle Geschichte der tschechischen Stadt zusammen, die als Gestapo-Gefängnis und Ghetto im Zweiten Weltkrieg traurige Berühmtheit erlangte. Mehr als 200 Jahre österreichische, tschechische und deutsche Geschichte sind in Theresienstadt auf engstem Raum zu erleben. Das Buch überrascht mit neuem Wissen und zeigt anschaulich, wo in Theresienstadt die Spuren der Vergangenheit zu finden sind. Es ist ein idealer Begleiter für alle, die selbst entdecken wollen, wie es  gewesen ist.
Das Buch erscheint bei WILDFISCH, Berlin.

Dr. Vojtěch Blodig: Terezín/Theresienstadt – ein europäischer Gedenkort

Die Stadt Theresienstadt hat eine einzigartige Geschichte: Sie entstand Ende des 18. Jahrhunderts als Festung. Während die Verteidigungsanlagen der Stadt niemals in einem Krieg bestehen mussten, wurden die der Kleinen Festung seit Anfang des 19. Jahrhunderts als Gefängnis genutzt. Das tragischste Kapitel der Stadtgeschichte ist die deutsche Besetzung im Zweiten Weltkrieg: In der Kleinen Festung richtete die Gestapo ein Gefängnis ein, die Stadt selbst wurde zu einem Ghetto, einem Konzentrationslager für Juden. Mehr als 140.000 Menschen wurden dorthin deportiert, mehr als 33.000 starben dort. Weitere 84.000 der Häftlinge wurden von Theresienstadt in die Mordlager deportiert und kamen dort zu Tode.

Aufgrund dieser Entwicklung wurde Theresienstadt bereits während des Krieges zum Symbol für die nationalsozialistische Gewaltherrschaft, doch noch mehr steht es seitdem für die Opfer der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“. Seit Kriegsende besuchen Menschen aus vielen Ländern Europas die Stadt, um dieser Opfer zu gedenken. Und wenn die politischen Entwicklungen in Osteuropa nach dem Krieg die Erforschung und Darstellung der damaligen Ereignisse auch gestört haben, konnte dies in den zurückliegenden 20 Jahren nun korrigiert werden. Inzwischen begrüßt Theresienstadt jedes Jahr mehr als Hunderttausende Besucher aus ganz Europa, die sich mit der Stadtgeschichte befassen und Veranstaltungen besuchen.

Die große internationale Aufmerksamkeit geht vor allem auf die große Bedeutung des Ghettos in der Geschichte vieler europäischer Länder zurück. Theresienstadt hat sich zu einem authentischen Gedenkort von internationaler Bedeutung entwickelt, eine ständige Erinnerung an Not und Heldenmut der Häftlinge, die aus vielen Ländern Europas kamen.

Während die Epoche der Nazi-Herrschaft in Theresienstadt eingehend erforscht wurde und der Öffentlichkeit Informationen darüber in großer Vielfalt zur Verfügung stehen, gab es bisher eine bemerkenswerte Wissenslücke über die Jahre als Festung und Garnison. Das vorliegende Buch hat das erklärte Ziel, diese
Lücke zu schließen, um Besuchern ein tieferes Verständnis der Geschichte dieses Ortes zu vermitteln und zu erläutern, wie Theresienstadt überhaupt zu dieser einzigartigen und tragischen Rolle während der deutschen Besetzung kam.

Zusammen mit den derzeitigen intensiven Bemühungen vor Ort, die zeitweilig in Vergessenheit geratene Festungsgeschichte wieder zu entdecken, ist dies ein weiterer erstrebenswerter Schritt, um das Bewusstsein der Menschen für Geschichte zu erweitern und Theresienstadts Position als Gedenkort von internationaler Bedeutung zu stärken.

Dr. Vojtěch Blodig, stellv. Direktor der Gedenkstätte Terezín
Terezín, im August 2011

Der Inhalt von „Theresienstadt. Eine Zeitreise“

1. Die Festung + Spurensuche | Farbe: „Orange“ und Symbol: „Festung“

Icon_Festung.jpgPlanung der Festung – Theresienstadts Baumeister
Die Idealstadt – Das unterirdische Minensystem
Spurensuche an authentischen Orten der Festungszeit

2. Das Gefängnis | Farbe: „Rot“ und Symbol: „Kleine Festung“

Icon_Gefängnis.jpgPolitische Häftlinge der Donaumonarchie
Die Attentäter von Sarajewo – Die Gestapo zieht ein
Das Internierungslager – Die Gedenkstätte

3. Das Ghetto + Spurensuche | Farbe: „Gelb“ und Symbol: „Davidstern“

Icon_Ghetto.jpgAuflösung der Stadt – Das „Reichsaltersheim“
Kultur gegen den Tod – Der Film der SS – Die Befreiung
Spurensuche an authentischen Orten der Ghettozeit

4. TerezÍn Heute | Farbe: „Grün“ und Symbol: „EU-Sternenkreise“

Icon_th.jpgVom Kalten Krieg zur Samtenen Revolution
Auflösung der Garnison – Das Jahrhunderthochwasser
Wiederaufbau und Weltkulturerbe

„Theresienstadt. Eine Zeitreise“ Leseprobe Teil I

„Theresienstadt. Eine Zeitreise“ Leseprobe Teil II

Theresienstadt Heute: Nirgends sind die Spuren der Vergangenheit so vollständig erhalten

Totes Gleis: Es erinnert an die vielen Häftlingstransporte nach Auschwitz.

Diese Schienen symbolisieren den Schicksalsweg von Zehntausenden. Zwischen 1941 und 1945 war Theresienstadt Konzentrationslager und Vorzeige-Ghetto zu Propagandazwecken. Hier trafen die Züge mit Deportierten ein – hier fuhren Transporte ab, nach Auschwitz in den Tod. Die Gleise liegen noch heute da, als wäre die Zeit daran vorbei gegangen.

Egal wohin man geht, jeder Platz, jedes Haus, jeder Weg führt direkt in die Vergangenheit zurück. Fast alles aus jenen Tagen ist erhalten geblieben. Denn Theresienstadt, das auf halber Strecke zwischen Dresden und Prag liegt, ist im Gegensatz zu vielen Konzentrationslagern eine Stadt, in der auch heute wieder Menschen leben. Nirgendwo sind die Spuren aus dieser Zeit so vollständig erhalten wie hier.

Von Jahr zu Jahr besuchen mehr Menschen Theresienstadt und die Einrichtungen der Gedenkstätte.
Aus ganz Europa kommen Schülergruppen, Studenten und Einzelreisende, um die Spuren der Vergangenheit
aus nächster Nähe zu untersuchen.

„Theresienstadt. Eine Zeitreise“ führt zu diesen Spuren und zeigt wie die Menschen im Ghetto lebten.

Eine ganze Stadt wurde zum Gefängnis

Luftbild: Theresienstadt ist eine Festung, die Ende des 18. Jahrhunderts gebaut wurde.

Fast jeder weiß, dass sich in Theresienstadt ein Lager der Nationalsozialisten befand. Aber vielen ist nicht bekannt, dass die ganze Stadt ein Gefängnis war. Theresienstadt war vor allem deshalb als Gefängnis geeignet, weil Festungsmauern die Stadt von der Außenwelt abriegelten.

Diese Festung wurde Ende des 18. Jahrhunderts von den Habsburgern gebaut, ein gigantisches Bauwerk zum Schutz vor einer befürchteten Invasion aus Preußen. Der Bau dauerte ganze elf Jahre. Es wurden Unmengen an Erde bewegt, Millionen von Steinen vermauert und sogar ein Fluss umgeleitet.

Wer die Festung einst baute und wie sie heute aussieht, davon erzählt „Theresienstadt. Eine Zeitreise“.

Theresienstadt: Ghetto oder Konzentationslager?

Plan des Ghettos von 1942, gezeichnet von der Technischen Abteilung des Ghettos.
© Archiv Lovosice

1940 errichteten die Nazis zunächst in der Kleinen Festung, einem Fort außerhalb der der eigentlichen Stadt Theresienstadt, das Polizeigefängnis der Gestapo-Leitstelle Prag ein. Die Nutzung als Gefängnis war naheliegend, da die Kleine Festung schon seit dem 19. Jahrhundert als Strafanstalt für politische und militärische Häftlinge diente.

Die Stadtgemeinde Theresienstadt wurde am 16.2.1942 offiziell aufgelöst. Die tschechischen und deutschen Einwohner wurden gezwungen ihre Grundstücke und Häuser an den „Auswanderungsfonds für Böhmen und Mähren“ zu verkaufen und schließlich die Stadt bis zum 30.6.1942 zu verlassen.

Theresienstadt wurde umfunktioniert zu einem Durchgangs- und Sammellager für jüdische Häftlinge, in dem schließlich bis zu 58.491 Menschen leben mussten. Es ist eine besonders leidvolle Zeit: Zehntausende Menschen verschiedenster Nationalität und Religion mussten sterben – an Unterernährung und Krankheiten.

Allein rund 74.000 Juden des damaligen Protektorats wurden nach Theresienstadt deportiert. Insgesamt haben mehr als 150.000 Häftlinge Theresienstadt passiert. Für die meisten war das Ghetto eine Durchgangsstation auf dem Weg nach Auschwitz und in andere Mordlager des Deutschen Reiches. Die Bezeichnung Ghetto wurde von den Nazis zur Tarnung benutzt, um von den eigentlichen Absichten und Zielen der Nationalsozialisten abzulenken.

Theresienstadt versank in der Jahrhundertflut

Jahrhundertflut: Theresienstadt stand 2002 mehrere Wochen komplett unter Wasser.

Der Fluss Eger, den die Erbauer der Festung einst umleiteten, wurde Theresienstadt schließlich im Sommer 2002 zum Verhängnis: Als während der Jahrhundertflut die nahe Elbe über ihre Ufer trat, staute sich auch in der Eger das Wasser auf – die gesamte Stadt wurde bis zu 1,50 Meter überflutet und musste in einer dramatischen Rettungsaktion evakuiert werden. Über mehrere Wochen lag die Stadt im Katastrophengebiet: Die Wassermassen der Elbe hatten das Gebiet um Theresienstadt in eine kilometerweite Seenlandschaft verwandelt. Nach dem Rückgang des Wassers wurden die Folgen der Flut nach und nach sichtbar. Die Schäden waren so verheerend, dass Theresienstadt beinahe aufgegeben worden wäre.

Auch diese bewegenden Ereignisse sind Thema im Buch „Theresienstadt. Eine Zeitreise“.

Viele Dokumente erstmalig veröffentlicht

Mit mehr als 200 farbigen Illustrationen, historischen und aktuellen Plänen präsentiert „Theresienstadt. Eine Zeitreise“ anschaulich die historischen Fakten und stellt sie in einen verständlichen Gesamtzusammenhang. Viele Dokumente werden erstmalig einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Hinweis  zum Bildnachweis

Trotz aufwendiger Recherchen ist es nicht gelungen, alle Rechteinhaber von Abbildungen, die im Buch verwendet wurden, ausfindig zu machen. Wir bitten Personen oder Institutionen, die Rechte an diesen Abbildungen haben, sich mit WILDFISCH, PF 73 01 27  in 13086 Berlin  in Verbindung zu setzen.


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